Arbeiten in Dänemark und in Deutschland

– ein paar Gedanken

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Bei der Arbeit soll es gemütlich sein?! Seltsame Neuigkeiten für mein überwiegend deutsch geprägtes Gehirn. Sind doch viele Büros und Arbeitsstellen hier im Land rein funktional eingerichtet. Zu wohnlich sollte es nicht sein, das hält von der Arbeit ab, so die Begründung.

Doch ganz deutsch der Reihe nach: Ich lese gerade die Kolumne von Meik Wiking auf Seite 48, Ausgabe 8 der Zeitschrift „Hygge“. Dort beschreibt der Autor, was den Dänen bei der Arbeit wichtig ist. Die Beschreibung lässt mich eher ein fernes Land denken, möglicherweise außerhalb von unserem Planeten aber mit Sicherheit nicht an ein Nachbarland.

Die Zeit bei der Arbeit soll angenehmer gestaltet sein weil wir dort einen Großteil der Zeit verbringen, lese ich. Ein Sofa und echte Kerzen sind gefragt und Kuchen ist unverzichtbar für Gemütlichkeit und Entspannung. Ein Sofa ist bei einigen fortschrittlichen Arbeitsgebern hierzulande schon zu finden aber Kerzen? Da gibts keine DIN Norm für und erst recht keinen TÜV. Ganz zu schweigen von der Versicherung. Vor allem passen Gemütlichkeit und Entspannung gefühlt nicht an den deutschen Arbeitsplatz. Gemütlich und produktiv schließen sich aus, wohlfühlen oder Arbeiten, beides zusammen gibt’s in der Bundesrepublik nicht. Da ist nach wie vor Leistung gefragt, auch wenn der Arbeitnehmer einen großen Teil des Tages verbringt. Work und Life wird gebalanced, sozusagen gegeneinander aufgewogen.

Doch weiter im Text: In Dänemark ist das Gefühl von Gleichheit wichtig. Jeder spricht sich mit dem Vornamen an, vom Praktikanten bis zum Vorstand. Bei Startups geht das bestimmt, bei alt eingesessenen Betrieben eine seltsame Vorstellung.
Sie und Du gestalten die Hierarchien. Sonst hat der andere ja keinen Respekt.

Dänische Chefs erwarten nicht, dass man ihre Meinung teilt. Die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern ist in beide Richtungen nicht nur erwünscht, es wird viel mehr von jedem erwartet, dass er seine Meinung in Meetings ehrlich äußert. Rückgrat zeigen statt abnicken. Wie sich Werte innerhalb von ein paar Kilometern ändern können…
Die Chefs sitzen beim Arbeiten mit dem Team im offenen Raum und essen mit ihnen gemeinsam zu Mittag.
Hierzulande sollen Bedenken und andere Meinungen -je nach Unternehmenskultur- nicht geäußert werden es sei denn, man will als Querulant oder nerviger Produktivitätsverhinderer gelten. Angepasst und stromlinienförmig soll er sein, der ideale Angestellte. Und nicht so viel denken.

Auch ist das Berufs- und Privatleben bei unserem Nachbarstaat nicht getrennt. Das Leben wird miteinander geteilt, Arbeitskollegen haben gegenseitiges Interesse aneinander. Leben UND Arbeiten. Abläufe sind zwangloser, gemütlicher und egalitärer gestaltet, Hierarchien sind flach, aus ich ein wir machen, darauf kommt es an.
Ich frage mich, wie oft hier, im Süden von Dänemark ein Team ein wir ist und wie oft ist jeder nur für sich allein verantwortlich?

Klingt nach Wunderland. Meine Gedanken gleichen die deutschen Verhältnisse mit der Beschreibung ab und ich überlege, was sich in Deutschland ändern müsste um das Wunderland zu erreichen. Ob das überhaupt möglich ist, mit den ganzen Gewohnheitstieren Sicherheitsdenkern, Normen und Vorschriften. So haben wir das immer schon gemacht und es ist gut so, wie es ist.
Andererseits: Sind wir überhaupt bereit für dafür? Arbeit und Privat sind bei uns oft strikt getrennt. Bloß nicht das falsche in der Firma erzählten. Was könnten die Kollegen denken. Würden wir uns mit den dänischen Gegebenheiten überhaupt wohl fühlen?

Zwei aneinander grenzende Länder, vergleichbare Lebensstandarts. Die einen waren Weltmeister im Fußball, die anderen gelten seit Jahren als glücklichste Nation der Welt.
Vielleicht müssen wir gar nicht alles übernehmen, um in Deutschland glücklicher zu werden, sondern die ein oder andere Haltung überprüfen und einige Kleinigkeiten ändern. Möglicherweise reicht das schon für mehr Leben während der Arbeit aus. Die Arbeit sollte ja zum Menschen passen und nicht umgekehrt.